
FRAGE: Warum glauben Sie, dass der Blockchain-Technologie ein solches hyperindividualistisches Menschenbild eingeschrieben ist? Es geht doch nicht um paranoide Selbstversorger-Misanthropen, die vor ihren einsamen Waldhütten Holz hacken. Im Gegenteil: Die Blockchain ist eine dezentrale Technologie, um Konsens zwischen Menschen herzustellen. Sie ist die Antwort auf ein uraltes Problem: Wie stelle ich sicher, dass ich ohne zentrale Autorität verbindlich Dinge verabreden kann? Die Technik dient also gerade der Vergesellschaftung.
ANTWORT: Das stimmt. Die Blockchain sorgt dafür, dass sich gleichrangige Teilnehmer auf einen Konsens verständigen können. Aber echte Konsensfindung in einer Demokratie ist etwas anderes. Da folgt der Konsens nicht einfach einem mathematischen Verfahren. In einer Demokratie handeln wir auf komplexe Weise Werte aus, die sich nicht einfach verrechnen lassen. Deswegen steht die Blockchain für ein apolitisches Verständnis von Gesellschaft. Was die Blockchain erzeugt, ist bloß eine Micky-Maus-Version von echtem Konsens. Dazu kommt: In der Wirklichkeit brauchen wir immer eine Undo-Funktion. Wir wollen manchmal sagen: Oh, hier ist etwas schiefgelaufen, das müssen wir wieder rückabwickeln. Genau das aber ist auf der Blockchain nicht vorgesehen.